1. Mai – Tag der sinnvollen [!] Arbeit

Jedes Jahr am 1. Mai rufen Arbeiterparteien und Gewerkschaften dazu auf, den Tag der Arbeit zu begehen – mit Festen, mit Feiern, mit Forderungen. Dabei geht es jedoch nicht um für die Menschen und die Gesellschaft sinnvolle Arbeit, sondern ausschließlich um die Erwerbsarbeit, die vor allem der Existenzsicherung dient. Doch ist dieses Verständnis von Arbeit im 21. Jahrhundert überhaupt noch zeitgemäß?

Viele Technologien wurden entwickelt, um Menschen mühselige Arbeiten abzunehmen, damit sie Zeit für freudvolle Tätigkeiten haben. Doch bisher hat der Großteil der Menschen von den ganzen technischen Errungenschaften kaum profitieren können. Maschinen erledigen Arbeit, Konzerne verdienen daran, von den Profiten kommt nichts bei der Bevölkerung an.

Mühselige Arbeitsplätze verschwinden durch den Einsatz der Maschinen, doch anstatt sich daran zu erfreuen, ist „Arbeitsplätze schaffen“ weiterhin das gebetsmühlenartige Credo jener politischen Akteur:innen, die ihre Klientel in der Arbeiterklasse des eigentlich in der Form gar nicht mehr vorhandenen Industriezeitalters vermuten.  Abgesehen davon, dass es genug zu tun gibt, ist es wohl kaum das Anliegen der Menschen, ihre Lebenszeit mit mühseligen und sinnlosen Tätigkeiten zu verschwenden. Hinzu kommt, dass mit diesen geschaffenen Arbeitsplätzen eine ressourcen-verschwendende Wegwerfgesellschaft weitergeführt wird – was in Zeiten des Klimawandels schlichtweg Wahnsinn ist. 

Mit einem neuen Verständnis von Arbeit als sinnvollem Tätigsein wird auch das vielgepriesene Wirtschaftswachstum mit seiner Ausbeutung und Zerstörung von Ressourcen obsolet. Statt des Wachstums im Sinne von immer mehr, immer größer, immer schneller, immer weiter, können wir uns auf ein Wachstum im Sinne einer Entwicklung fokussieren: immer sinnvoller, immer nachhaltiger, immer gerechter, immer inklusiver etc.

Der Arbeitsplatz als realer Ort, den Menschen regelmäßig zu bestimmten Zeiten aufsuchen, um dort eine Arbeit zu verrichten, besteht heute schon in vielen Fällen nicht mehr. Mit der Pandemie haben sich beispielsweise viele Büro-Arbeitsplätze ins sogenannte Home-Office verlagert, Meetings finden vielfach nicht mehr in einem Besprechungszimmer statt, sondern virtuell im Internet. Ob mit oder ohne BGE wird sich das Verständnis des Arbeitsplatzes in Zukunft verändern (müssen).  Wenn jedoch Menschen mit einem BGE nicht mehr gezwungen sind, ihre Zeit in sinnlos gewordenen Jobs abzusitzen, wird es wahrscheinlich notwendig und sinnvoll sein, doch wieder Arbeitsplätze zu schaffen. Arbeitsplätze als reale Orte der Begegnung, des Austauschs, des gemeinsamen Tätigseins. Orte, die Menschen aufsuchen können, um Arbeiten zu verrichten, die für sie selbst und/oder die gesellschaftliche Entwicklung sinnvoll sind und die Menschen einander möglicherweise näherbringen. Solche Arbeitsplätze gibt es vereinzelt bereits – beispielsweise in Form von Community-Gärten und ähnlichen Projekten.

(Ausschnitt aus dem Text „Das bedingungslose Grundeinkommen als realistische Utopie zur Neudefinition von Arbeit“ von Martin Diendorfer & Bettina Pirker, 2021).

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