Grundeinkommen öffnet Türen: Gleichberechtigung

Auf dem Papier sind alle Menschen gleich, doch in der Realität herrscht eine große Ungleichheit zwischen Männern und Frauen, was Macht, Einkommen, Gesundheit, Freizeit oder Chancen angeht. Immer noch leben wir in einer Gesellschaft, in der der Mann die Norm und die Frau die Abweichung ist und tagtäglich Männer Frauen gegenüber gewalttätig sind. Kein Wunder also, dass mehr Frauen lieber mit einem Bären, als mit einem Mann allein im Wald wären. Wir haben also ein großes Problem, das es zu lösen gilt, aber was kann ein Grundeinkommen dazu beitragen?

Österreich belegt im Global Gender Gap Report 2023 den 47. Platz und liegt damit direkt hinter den Ländern Eswatini und Zimbabwe, was die Gleichstellung von Frauen und Männern angeht. Dass wir im Ranking nicht noch viel weiter hinten sind, haben wir vor allem dem Zugang zur Bildung und der recht hohen Lebenserwartung für beide Geschlechter zu verdanken. Obwohl mittlerweile mehr Frauen (46 %) als Männer (30 %) einen höheren Bildungsabschluss haben, finden sich in den Führungspositionen in Politik und Wirtschaft immer noch kaum Frauen.

Dass Frauen für die gleiche Arbeit immer noch weniger Geld bekommen, als Männer und dass der Großteil der unbezahlten Arbeit (Haushalt, Kindererziehung, Pflege etc.) von Frauen erledigt wird und diese deshalb nur in Teilzeit einer Erwerbstätigkeit nachgehen (64 % der Frauen, aber nur 34 % der Männer sind in Österreich teilzeitbeschäftigt) und dass jene Arbeiten, die unser System am Laufen halten und vorwiegend von Frauen erledigt werden (Sozial- und Pflegebereich, Bildung und Erziehung, Einzelhandel etc.), schlechter bezahlt werden, als jene Sparten, in denen vorwiegend Männer tätig sind (Technik etc.) ist wohl bekannt, aber erscheint in einer patriarchalen Gesellschaft wie der unseren, kaum veränderbar zu sein.

Wer jetzt meint, dass die Geschlechtergerechtigkeit in Österreich trotzdem langsam aber stetig besser wird, sei an dieser Stelle eines Besseren belehrt, denn das Gegenteil ist der Fall: Im Jahr 2022 lag Österreich noch auf Platz 21 des Global Gender Gap Reports – ist also in nur einem Jahr um 26 Plätze nach hinten gerutscht, Tendenz weiter fallend.

Wir leben in einer Gesellschaft, in der Frauen systematisch schlechter behandelt werden als Männer und was in unser System eingeschrieben ist, wirkt sich auch auf das Zusammenleben aus. Frauen schlecht zu behandeln und ihren Wert geringzuschätzen hat Tradition und für Frauen hat das auch im Privatleben dramatische Konsequenzen. Frauen sind nicht nur tagtäglich Diskriminierungen, Abwertungen und Sexismus ausgesetzt, Männer schlagen, misshandeln und töten Frauen einfach nur deshalb, weil sie Frauen sind. Wie die autonomen österreichischen Frauenhäuser aufzeigen, gab es m vergangenen Jahr 2023 in Österreich 26, Femizide; heuer wurden bis Mitte April bereits acht Frauen nur aufgrund ihres Geschlechts von Männern ermordet. Jede dritte Frau ist in Österreich von körperlicher und/oder sexueller Gewalt betroffen, jede vierte erlebte sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz, mehr als jede fünfte ist von Stalking betroffen.

Kein Wunder also, dass die meisten Frauen lieber mit einem Bären als mit einem Mann allein im Wald wären, wie eine aktuelle und sehr reichweitenstarke Diskussion auf TikTok zeigt. Auch der Standard hat das Thema aufgegriffen, die Autorin des Artikels kritisiert völlig zurecht die sofort überschwappende männliche Empörung darüber auf den verschiedenen Internetplattformen.

Die Gleichberechtigung der Frauen in Österreich existiert nur auf dem Papier, die Lebensrealität sieht anders aus, wie die Beispiele zeigen. Die Einführung eines Grundeinkommens wird die einzementierte Ungleichheit nicht aufbrechen, aber es könnten Risse in der „heiligen Ordnung der Männer“ (Gerhard Schwarz) entstehen.

Ein Grundeinkommen sichert die Existenz, nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Befreit von Existenzängsten fällt es leichter, eine Firma zu verlassen, deren gläserne Decke für Frauen undurchdringbar ist oder auch einen Job zu kündigen, in dem Frauen sexueller Belästigung ausgesetzt sind. Ein Grundeinkommen ist für Männer und Frauen gleich hoch – im Gegensatz zur Erwerbsarbeit, deren Entlohnung für Männer durchwegs besser ist. Ein Tropfen auf dem heißen Stein der Gleichberechtigung, ja, aber auch ein Stück Handlungsfreiheit. Eine toxische Beziehung zu verlassen, fällt leichter, wenn die Existenz finanziell gesichert ist. Keine Frau muss bei einem Partner bleiben, der sie schlecht behandelt, nur weil sie nicht weiß, wie sie ihr Leben und das ihrer Kinder finanzieren soll. Auf gesellschaftlicher Ebene werden die derzeit schlecht bezahlten Jobs (Pflege, Pädagogik, Reinigung etc.) besser entlohnt werden müssen, da sich sonst niemand findet, der sie machen muss, um die Existenz zu sichern.

Auf lange Sicht wird es wohl Verschiebungen in der Bewertung von Tätigkeiten geben und jene Bereiche, in denen derzeit vorwiegend Frauen zu einem Hungerlohn arbeiten müssen, werden als systemrelevant erkannt und auch finanziell neu bewertet werden müssen. Ein Grundeinkommen wird Männer nicht dazu bringen, mehr unbezahlte Hausarbeit zu leisten, es wird Männer nicht dazu bringen, mit ihren sexistischen Witzen aufzuhören und es wird bestehende Männernetzwerke, die Macht und Einfluss unter sich aufteilen, nicht auflösen.

Ein Grundeinkommen stürzt nicht von heute auf morgen das Patriarchat, aber es verschafft existenzielle Sicherheit und bietet Frauen dadurch die Chance, anstatt zwischen Wäldern mit wilden Bären oder gewalttätigen Männern wählen zu müssen, neue und selbstbestimmte Wege für sich zu entdecken.

Teile uns mit welche weiteren Türen Deiner Meinung nach das Grundeinkommen öffnet – gerne auch als Beitrag, den wir in einem unserer nächsten Newsletter veröffentlichen.

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